Das Restaurant Schlauch

Kurios, dass ein so bekanntes und beliebtes Restaurant wie der «Schlauch» im Niederdorf nirgends ein Namensschild hat. Die Habitués wissen halt seit je, dass man in der Münstergasse gegenüber der Bodega Española eine Glastür öffnet, eine Treppe hochsteigt und dann einen Speisesaal betritt, der mit dem geschnitzten Buffet und den Tischen aus Kirschbaumholz an vergangene Zeiten erinnert. Hinzu kommt, dass die Hälfte des Saals, zusammen mit dem untern Stock, fürs Billardspiel reserviert ist und als stilvollstes Ambiente für dieses Spiel in Zürich gilt. Daneben sind auch Schachspieler und Jasser willkommen.

Die Speisekarte, die jeden Tag in einer anderen Farbe gedruckt wird, ist rasch studiert, weil sie nur drei Menus anbietet: ein vegetarisches, ein biologisches mit Fleisch und eines mit Fisch aus Süss- oder Salzwasser. Eine gute Wahl ist hier sozusagen immer der Fisch: bei unserem Besuch ein knusprig gebratenes Eglifilet, begleitet von frühlingsfrischer Sauce Remoulade. Dazu neue Schalenkartöffelchen und sanfte Pastinaken (20 Franken). Sehr lecker auch das italienisch inspirierte Fleischmenu «Chüngel mit Pelati und Oliven», dessen kräftiges Aroma in der weichen, hellen Polenta ausgezeichnet zur Geltung kommt. (18 Franken 50).

Die Tagesmenus kosten 17 bis 24 Franken; daneben gibt es ein verlockendes Angebot von Salaten, Suppen, Vollkornfruchtwähen, Gerstenküchlein, Käseschnitten und mit Honig gesüssten Birchermüesli. All das stammt vom biologisch-dynamischen Landbau. Unerreicht ist die stadtbekannte Rösti, die nicht fein geraffelt wird wie anderswo und ihr intensives Aroma vermutlich auch den schweren alten Gusspfannen verdankt, die stets auf dem Herd bereitstehen. Ein Portion dieser knusprigen Rösti kostet 13 Franken 50, mit einem Bio-Ei drauf 15 Franken.

Gute Küche und bescheidene Preise waren im «Schlauch» schon im Jahr 1920 Prinzip. Das sagt Gabi Schnepf, die Tochter des Gründers, die am Universitätsspital das Diplom einer Ernährungsberaterin machte und 1989 zusammen mit ihrem Mann, Rolf Weingand, das Restaurant übernahm. Sie glaubt, den Erfolg der Tatsache zu verdanken, dass sie bis heute ein Familienbetrieb geblieben sind, wo es immer hilfsbereite Verwandte, Mütter und Schwestern gibt. Auch ihre eigenen drei Kinder tauchen manchmal am vordersten Tisch auf, wo der Vater mit Angestellten, Freunden und Bekannten beim Mittagsmahl sitzt.

Besonders reizvoll ist es hier im Sommer, wenn man den zweiten Weg zum «Schlauch» entdeckt, der von der Oberen Zäune über eine Steintreppe zu einem schmalen Stadtgärtchen führt, wo man unter weiss-grünen Sonnenstoren bei Vogelgezwitscher sein Mittagessen geniesst.